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Blog der Deutschen Sportakademie

Testosteron-Boost durch Training: Freund oder Feind?

von Magdalena Riederer, 12/25, Lesezeit: 3 Minuten

Mann trainiert in Fitnessstudio

Als Sportbegeisterter hast Du vielleicht schon einmal von dem Gerücht über Kreatin und seine mögliche Auswirkung auf Haarausfall gehört – ein Zusammenhang, der in der Fitnesswelt immer wieder heiß diskutiert wird [1]. Doch wie sieht es eigentlich mit Krafttraining selbst aus? Wenn Du regelmäßig hart trainierst, steigt Dein Testosteron-Spiegel kurzzeitig an. Testosteron ist wiederum eine hormonelle Vorstufe von Dihydrotestosteron (DHT), das für erblich bedingten Haarausfall verantwortlich gemacht wird. Aber bedeutet das, dass Krafttraining Deine Haare in Gefahr oder vielleicht sogar andere gesundheitliche Probleme mit sich bringt? Lass uns eintauchen in die Welt des Sexualhormons und mögliche negative Auswirkungen von Testosteron auf den Körper beleuchten.

Haare in Gefahr

Bevor Du in Angst um Deine Haare sofort die Hanteln fallen lässt, klären wir gleich zu Beginn, was hier dahintersteckt. Erhöht Krafttraining also das Risiko für Haarausfall? Die Antwort darauf ist nicht ganz so einfach. Physiologisch betrachtet führt ein höherer Testosteron-Spiegel tatsächlich auch zu mehr DHT [2]. Dieser Umstand könnte bei genetisch vorbelasteten Menschen erblich bedingten Haarausfall begünstigen [3]. Studien liefern hier jedoch widersprüchliche Ergebnisse, denn während einige einen Zusammenhang zwischen erhöhtem Testosteron und Haarverlust zeigen, finden andere keine Beweise dafür. Ein klarer Link besteht also definitiv nicht [4]. Was bedeutet das nun für Dich? Wenn Du keine familiäre Veranlagung für Haarverlust hast, ist Dein Risiko, durch Krafttraining erblich bedingten Haarausfall anzukurbeln, gering. Und selbst wenn, wäre der zusätzliche Effekt minimal. Also kein Grund, die Hanteln wegzulegen.

Gesundheitliche Auswirkungen von erhöhtem Testosteron

Doch Haarausfall ist nicht der einzige Aspekt, den wir betrachten sollten. Ein hoher Testosteron-Spiegel kann nämlich noch wesentlich mehr bewirken. Vielleicht hast Du schon von den möglichen Nebenwirkungen gehört, die mit einer Supplementierung von Testosteron zur Leistungssteigerung einhergehen. Zu diesen gehören Hautprobleme, eine Vergrößerung der Brustdrüsen beim Mann (Gynäkomastie), Prostatawachstum und Hodenverkleinerung – um nur einige zu nennen. Das klingt erstmal alarmierend und nicht zuletzt deshalb ist von einer Testosterontherapie für supraphysiologische Spiegel abzuraten.

Aber wie sieht es aus, wenn Du durch Krafttraining einen natürlichen Testosteron-Boost bekommst? Zeit zum Durchatmen, denn in diesem Fall ist nicht mit solchen schwerwiegenden Problemen zu rechnen [5]. Im Gegensatz zu Testosterontherapien, bei denen oft hohe Dosen verabreicht werden, bleibt die natürliche Erhöhung durch Training in einem gesunden Rahmen. Tatsächlich kann ein höherer endogener (also körpereigener) Testosteron-Spiegel sogar Vorteile bringen. Studien, wie die EPIC-Norfolk-Untersuchung, deuten beispielsweise darauf hin, dass Männer mit höheren natürlichen Testosteronwerten ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben [6].

Übrigens kann Krafttraining auch die Anzahl der roten Blutkörperchen leicht erhöhen, was die Sauerstoffversorgung verbessert. Bei gesunden Menschen birgt dieser Effekt keine Risiken. Genauso gilt, dass ein natürlicher Anstieg von Testosteron – im Gegensatz zu Testosterontherapien, die die Leber belasten können – keine negativen Effekte auf die Leberwerte hat. [5]

Testosteron und Immunsystem – Ein doppelschneidiges Schwert

Jetzt wird es besonders pikant, denn 2013 hat man an der Stanford University herausgefunden, dass Männer mit hohen Testosteronwerten eine schwächere Immunantwort auf Grippeimpfungen zeigten. Das Hormon scheint bestimmte Gene zu aktivieren, die die Produktion von Antikörpern dämpfen [7]. Klingt erstmal ziemlich katastrophal, oder? Aber hier kommt der Clou: Dieser Zusammenhang könnte evolutionär sinnvoll sein. Ein weniger aggressives Immunsystem schützt nämlich vor überschießenden Entzündungsreaktionen, die manchmal gefährlicher sind als die Infektion selbst.

Wenn Du viel trainierst, könntest Du also etwas anfälliger für Erkältungen sein, insbesondere in stressigen Phasen. Der Beitrag von Testosteron hierzu ist aber wirklich nur minimal, in erster Linie ist ein erhöhter Cortisol-Spiegel für die Schwächung der Abwehrkräfte verantwortlich [8]. Und: Gesamtheitlich betrachtet, stärkt moderate Bewegung Dein Immunsystem und macht Dich robuster gegenüber Infekten.

Mann macht Hanteltraining

Und wie steht es um Aggressivität?

Zum Schluss stellt sich noch die Gretchenfrage nach dem Zusammenhang von Testosteron und Aggressivität. Ist hier wirklich Testosteron der Schuldige? Und ja, hier muss das Hormon zumindest ein Teilgeständnis ablegen, denn hohe Testosteronwerte können die Fähigkeit zur emotionalen Kontrolle beeinträchtigen. Menschen mit erhöhtem Testosteron-Spiegel neigen tatsächlich dazu, impulsiver zu reagieren, und haben es schwerer, emotionale Ausbrüche zu unterdrücken [9].

Der Effekt hängt aber stark von Deiner Persönlichkeit ab. Wenn Du ohnehin eher besonnen bist, wird ein Testosteron-Boost durch Training Dich nicht plötzlich zum Hitzkopf machen. Bei Menschen mit einer Neigung zu Aggression können jedoch vorhandene Tendenzen sehr wohl verstärkt werden, auch wenn psychosoziale Faktoren im Vordergrund stehen. Zumindest hat das Ganze aber auch etwas Positives, denn ein bisschen Aggressivität kann Dir Drive im Training und im Alltag geben. Also nutze die zusätzliche Energie, aber lass sie nicht die Oberhand gewinnen.

Magdalena Riederer

Über Magdalena Riederer

Dr. med. univ. Magdalena Riederer ist Medizinerin, HealthTech-Strategin und Gründerin der Plattform HealthHeld. Sie nutzt ihre klinische Expertise und ihren Masterabschluss in Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (MSc), um sensible Gesundheitsthemen aus der Tabuzone zu holen und einen unabhängigen sowie chancengerechten Zugang zu Behandlungswegen zu schaffen.

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