Die moderne Rückenschule

Know-how gegen Rückenschmerzen

von Mike Ruckes, 07/23, Lesezeit: 3 Minuten

Etwa 2/3 der deutschen Bevölkerung leidet jährlich unter Rückenschmerzen (Lippe et al. 2021). Dies führt nicht nur zu einer großen Einschränkung der Lebensqualität der Betroffenen, sondern verursacht darüber hinaus auch Kosten im Gesundheitswesen und Wirtschaftssektor von etwa 50 Mrd. Euro pro Jahr. Hierbei machen die Kosten, die durch die Behandlung von Rückenschmerzen entstehen 45 % und Rückenschmerz-induzierte Fehltage am Arbeitsplatz 55 % der Gesamtsumme aus (Damm et al. 2016).

Die moderne Rückenschule bietet hierbei als etabliertes Präventionskonzept einen Behandlungsansatz für Rückenschmerzen und kann somit auch zur Lösung der zuvor genannten Problemfelder beitragen.

Frau hat Rückenschmerzen

Was versteht man unter Rückenschule?

Unter der Rückenschule werden Kurse verstanden, die relevantes Wissen und Übungen zur Rückengesundheit vermitteln. Ziel solcher Kurse ist es, Rückenschmerzen vorzubeugen, zu lindern bzw. eine Chronifizierung zu vermeiden.

Diese Kurse gelten als Präventionskurse und sind in der Regel durch die Zentrale Prüfstelle Prävention zertifiziert, sodass die Teilnehmenden die Kosten der Kurse nur anteilig tragen müssen. Der Großteil (ca. 80%) der Kosten wird durch die Krankenkassen getragen, sofern eine regelmäßige Teilnahme an dem Kurs nachgewiesen werden kann.

Was macht die moderne Rückenschule aus?

Anders als die klassische Rückenschule, die einen biomedizinischen Ansatz verfolgt, orientiert sich die moderne Rückenschule am biopsychosozialen Modell und wird somit der Komplexität des menschlichen Körpers besser gerecht. Ausgehend davon gestaltet sich der Inhalt eines Rückenschulkurses multimodal. Dies bedeutet, dass dem Rückenschmerz auf verschiedenen Ebenen begegnet wird.

Zunächst werden positive Einstellungen und Verhaltensweisen vermittelt. Der Rücken wird nicht als zerbrechliche Struktur angesehen, die Schutz und Schonung benötigt, sondern als stabile, anpassungsfähige und bewegliche Einheit, die belastbar ist.

Anschließend erfolgt eine Hinführung zu gesundheitssportlichen Aktivitäten. Durch gezieltes Training soll die Angst vor Bewegung reduziert und positive Bewegungserfahrungen gesammelt werden.

Schließlich ist eine Verbesserung der gesundheitsbezogenen Fitness anzustreben, indem der Rücken wieder belastungsfähiger gemacht werden soll. Das durch die Rückenschule erworbene Handlungswissen soll die Kursteilnehmenden darüber hinaus dazu befähigen, selbstständig Rückenschmerzen vorzubeugen oder zukünftig auftretenden Rückenschmerzen gezielt eigenständig entgegenzuwirken.

Wann hilft eine Rückenschule?

Eine effektive Rückenschule sollte hohe Aktivitäts-, Eigenwahrnehmungs- und Selbststeuerungsanteile aufweisen. Die Teilnehmenden sollen ihr Körpergefühl durch viel Bewegung verbessern und lernen, wie sie ihre körperliche Aktivität nach ihren individuellen Bedürfnissen regulieren können.

Zudem sollten positive rückenschmerzbezogene Einstellungen und Verhaltensweisen vermittelt werden, sodass eine Katastrophisierung der Schmerzen und das daraus resultierende Angstvermeidungsverhalten verhindert wird.

Mit der Stärkung rücken bezogener physischer und psychosozialer Gesundheitsressourcen, soll die Resilienz gefördert werden. Ein belastbarer Körper, eine hohe mentale Stärke sowie sozialer Rückhalt können die Widerstandskraft gegen Rückenschmerzen ausbauen.

Um die Inhalte des Kurses nachhaltig und wirkungsvoll zu vermitteln bzw. einzuüben, sollte die Interventionsdauer mindestens 12 Wochen betragen.

In der Regel ist eine Rückenschule insbesondere für Personen hilfreich, die

Arzt tastet Rücken einer Patienten ab

Wie hängen Rückenschule und Physiotherapie zusammen?

Grundlegend lässt sich sagen, dass sich sowohl Rückenschulen als auch die Physiotherapie mit der Rückengesundheit ihrer Kursteilnehmenden bzw. Patienten befassen. Hier sollte aber auf einen relevanten Unterschied hingewiesen werden:

Denn während die Rückenschule präventiv gegen Rückenschmerzen wirken soll, therapieren Physiotherapeuten in der Regel bereits vorhandene Rückenschmerzen. Zwischen den Inhalten der modernen Rückenschule und der Physiotherapie gibt es jedoch auch einige Schnittpunkte: So bedient sich die Rückenschule zur Kräftigung des Rumpfbereiches z.B. grundlegender Übungen aus der physiotherapeutischen Krankengymnastik. Geleitet werden Rückenschulkurse zudem nicht nur von ausgebildeten Rückenschullehrern, sondern u. a. auch von Physiotherapeuten, welche im Zuge ihrer Ausbildung ein breites Wissen über Rückenschmerzen erwerben, das sich auch im Setting eines Rückenschulkurses anwenden lässt.

Meine Empfehlung für einen gesunden Rücken

Zunächst ist festzuhalten, dass es nicht die Musterlösung oder die beste Übung für einen gesunden Rücken gibt. Die meisten Menschen werden in ihrem Leben aus unterschiedlichsten Gründen Rückenschmerzen erleiden, deshalb können die Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten ebenso unterschiedlich ausfallen.

Um Rückenschmerzen zu vermeiden oder lindern zu können, kann ich die folgenden zwei ganz grundsätzlichen Empfehlungen geben:

Regelmäßige körperliche Aktivität

Entspannung, Stressregulation und Regeneration

Fazit: Einstufung der Wirksamkeit der Rückenschule

Die Rückenschule ist ein etabliertes Konzept, welches die Lebensqualität vieler Menschen bereits positiv beeinflusst hat. Trotzdem ist die Studienlage zur Wirksamkeit noch nicht eindeutig. Dies liegt u. a. an der Studienqualität sowie an der Komplexität der Thematik. Rückenschmerzen sind ein multifaktorielles Phänomen, welches sich nur schwer untersuchen lässt. Dennoch tragen neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur stetigen Verbesserung der konzeptionellen Inhalte bei und können somit auch zu einer höheren Wirksamkeit der Rückenschule führen.

Mit Yoga gegen Rückenschmerzen! Spannende Impulse dazu kannst Du Dir in unserem Blogbeitrag Wenn der Rücken schmerzt durchlesen. Neugierig geworden? Dann schau Dir unsere Ausbildung zum Yogalehrer an!

Quellen:

Mike Ruckes Autor Deutsche Sportakademie

Über Mike Ruckes

Mike Ruckes ist Sportwissenschaftler und Medical Researcher. Nach dem Sportstudium arbeitete er für mehrere Jahre in der Sporttherapie und als Personal Trainer. An der Deutschen Sportakademie ist er Dozent für verschiedene Fitnesstrainer Lehrgänge.

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